Erwachen
In dieser Zeit feiern die Menschen auf unserer Seite des Planeten, dass es wieder wärmer und heller wird. Notwendige Voraussetzungen für das Erwachen der Natur und des Lebens. Grundlage für das Erwachen des bewussten Seins: Des ICHBIN. Dabei wurde - sagt man - sogar ein Gott geboren. Dass wir dabei sein können, ist wahrlich ein Grund zu feiern. Solange man lebt, hat man die Möglichkeit, bewusst zu erwachen. Aber wie nützt man die Chance? Wie erfasst man sich selbst? Seit Jahrtausenden haben Eingeweihte sich bemüht, es zu erklären. Aber die Wenigsten verstehen, um was es dabei geht. Die neue Gnosis versucht, das Mysterium mit neuen Erkenntnissen zu erhellen. Denn es ist das einzige wahre Ziel jeder okkulten Geistesschulung. Auch Gustav Meyrink sah den Sinn des Daseins im Erwachen des ICHBIN. Er hat die Bedeutung dieser Erfahrung erkannt. Keiner hat das Phänomen des Erwachens so eingehend beschrieben und von so vielen Seiten ausgeleuchtet wie er. GUSTAV MEYRINK Meyrink war ein Praktiker, der alles versuchte, prüfte, nichts glaubte, aber vieles für möglich hielt. Er hat nicht nur - wie die alten Gnostiker - den Glauben an den Lieben Gott hinterfragt, sondern, wie die neuen Gnostiker, auch den Glauben an die geheimen Meister der Magie. Er hat nicht nur die Offenbarungen der Propheten, sondern auch die Lehren der okkulten Traditionen auf den Prüfstand der Vernunft gestellt und ernüchtert festgestellt: "Wer Einweihungen in gewisse Mysterien erlebt und glaubt, dass die Mitglieder okkulter Logen oder Eingeweihte etwas Besonderes könnten oder wüssten, der irrt gewaltig. Wer die alten geheimen Ordensmanuskripte und die Lehren der Erleuchteten sorgfältig studiert, der kommt zu der Überzeugung: Von Menschenmund ist noch keiner eingeweiht worden; die wahre Einweihung fließt aus unsichtbarer Quelle. Rezepte, die man verraten oder stehlen könnte, gibt es nicht." Das ist auch unsere Erkenntnis: Nur die Erfahrungen aus der eigenen Praxis erhellen den Weg. "Nichts glauben, alles für möglich halten". Das Vertauschen der Lichter "Der Weg zum Erwachen ist nicht so einfach wie Klavier spielen lernen," schreibt Meyrink. Er hat das Erwachen erlebt und beschrieben und versucht, verständlich zu erklären, wie man es erreicht. Meyrink schreibt, man müsse dazu das Denken mit dem Fühlen vertauschen. Es stimmt. Man kann sich nicht mit seinen Gedanken erfassen, indem man denkt dass man ist. Gedanken sind Vorstellungen, man stellt sich damit vor sich, aber man ergreift sich nicht. Auch nicht mit einem Gefühl. Das Erwachen ist eine Empfindung. Ist eine Wahrnehmung, die dann, wie Meyrink im "Grünen Gesicht" beschreibt, "ein körperdurchrieselndes Gefühl" bewirkt. Die große Erleuchtung? Das Erwachen ist jedoch kein glückseliges Erlebnis in höheren Sphären, kein Hallelujadings, kein Samadhi im Nirwana oder Nirgendwo. Das Erwachen bedeutet nicht die große Erleuchtung, aber es ist eine Mini-Initiation. Es ist keine berauschende Vereinigung mit einem höheren Wesen oder Gott. Es ist die Vereinigung mit sich selbst. Erwachen ist eine sehr konkrete und bewusste Erfahrung in der physischen Welt. Man bleibt der selbe Mensch wie zuvor. Aber wenn man es öfter erlebt, sieht man sich selbst mit anderen Augen und die Welt in einem anderen Licht. Stammzellen des Bewusstseins Dazu muss man das Erlebnis wiederholen und die Wahrnehmung in der Vorstellung ich BIN speichern. Damit erschafft man den einzigen Bewusstseinsträger für den, der man tatsächlich selber ist. Die Bewusstseinszellen der Vergegenwärtigung des Seins sichern das eigenschaftslose Bewusstsein, aus dem sich dann die persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten entwickeln. Wiedergeburt Der Moment, in dem man sich erfasst und sich mit sich identifiziert, ist wie eine Vermählung. Man wechselt die Ebene, ohne dass die Welt verschwindet. Die Lichter der Wahrnehmung werden verstellt. Dieser kurze Augenblick gibt einem eine Vorstellung vom seinem geistigen Dasein neben dem physischen. Man blickt tatsächlich durch neue Augen in die irdische Welt. Meyrink hat erkannt, mit Gedanken und Überlegungen kann man dieses Mysterium nicht herbeiführen: Nur zu denken "ich bin", lässt einen nicht erwachen. Das Erwachen beruht auf keiner Vor-Stellung. Was einen erwachen lässt, ist die Wahrnehmung: ICH BIN, und die manifestiert sich in der Empfindung, als sei man gerade erwacht - oder geboren und jedes Mal, wenn es gelingt, festigt sich die mentale Persönlichkeit. In den Sekunden, in denen man diese Wahrnehmung aufrecht halten kann, hat man die Empfindung, als gäbe es den Körper nicht. Es kann sein, dass sich diese Wahrnehmung in ein Gefühl des Glücks oder der Zuversicht verwandelt, aber das ist dann eine Folge und nicht die Ursache für das Erwachen. Solche Gefühle kann man auch bei außerkörperlichen Erfahrungen und Klarträumen erleben. Sie sind bedeutungslos. Im Spiegel Besonders eindrucksvoll beschreibt Meyrink das Mysterium des Erwachens in seiner "Walpurgisnacht". Im vierten Kapitel, es heißt "Im Spiegel", versucht der zuvor scheintote Schauspieler Zrcadlo, ein Schlafwandler, dem Kaiserlichen Leibarzt, der ihn untersucht, zu erklären, wer er ist. Man bekommt den Eindruck, nicht der irre Schauspieler Zrcadlo (Zrcadlo ist der tschechische Name für Spiegel), sondern der Kaiserliche Leibarzt ist der Scheintote und spricht mit sich selbst. "Wer ich bin, fragen Sie? Hat es je, seit die Erde steht, einen Menschen gegeben, der auf diese Frage die richtige Antwort wüsste?----" "Mein Lied ist eine ewige Melodie der Freude. Wer die Freude nicht kennt - die reine, grundlose, freudige Gewissheit, die ursachlose: Ich bin, der ich bin, der ich war und immer sein werde -, der ist ein Sünder am heiligen Geist----" "Du fragst, wer ich bin?: Die Freude und das Ich sind das selbe. Wer die Freude nicht kennt, der kennt auch sein Ich nicht.----" Für einen Scheintoten, der erwacht, wird die Wahrnehmung, zu sein, zu wissen: ICH BIN zu einer scheinbar grundlosen, ursachlosen Freude - es kann doch niemand erklären, wieso man ist. Für Meyrink sind alle Menschen Schlafwandler. Im "Grünen Gesicht", elftes Kapitel, schreibt er: Wach sein ist alles "Von nichts ist der Mensch so fest überzeugt wie davon, dass er wach sei; dennoch ist er in Wirklichkeit in einem Netz gefangen, das er sich selbst aus Schlaf und Traum gewebt hat...." "Diese Träumer sind nicht, wie du vielleicht glaubst, die Phantasten und Dichter - es sind die Regsamen, die Fleißigen, Ruhelosen der Erde, die vom Wahn des Tuns Zerfressenen; sie gleichen emsigen, hässlichen Käfern, die ein glattes Rohr emporklimmen - um von oben - hineinzufallen...." "Wach sein ist alles. Glaub nicht, dass du es schon bist. Nein, du schläfst und träumst. Wachsein ist nicht ein Offenhalten der Sinne." Jetzt bin ich wach! "Stell dich hin, raff dich zusammen und zwing dich einen einzigen Augenblick nur zu dem körperdurchrieselnden Gefühl: jetzt bin ich wach! Gelingt es dir, das zu empfinden, so erkennst du auch sogleich, dass der Zustand, in dem du dich soeben noch befunden hast, dagegen wie Betäubung und Schlaftrunkenheit erscheint." "Das ist der erste Schritt zu einer langen Wanderung vom Knechttum zur Allmacht. Auf diese Art geh vorwärts von Aufwachen zu Aufwachen." Tatsächlich muss das Erlebnis des Erwachens wiederholt erlebt werden, bis man so gefestigt ist, dass man das Bewusstsein, dass man ein Geist im Körper ist, über eine längere Zeit aufrecht halten kann. Dieser Moment lässt sich anfangs nur kurze Zeit erleben. Man vergisst sich wieder. Wie Petrus, der, während Jesus betet, wachen sollte, aber dreimal (auf jeder Ebene) eingeschlafen ist. Vom Erwachen zum Wachsein Es ist ein Unterschied zwischen dem Augenblick des Erwachens und dem verlängerten Bewusstseinszustand im Wachsein. Franz Bardon beschreibt im "Weg zum wahren Adepten", Stufe VI, eine Übung, die das Wachsein - also das Bewusstsein, dass man ein Geistwesen ist, das in einem Körper steckt und mit Hilfe des Körpers handelt - festigen soll. "Gehe ich zum Beispiel auf der Straße, denke ich nicht daran, dass ich gehe, sondern dass mein Geist geht und die grobstofflichen Füße bewegt. Unter dem Ausdruck bewusst ist nicht gemeint, dass man mit den Gedanken oder mit der Aufmerksamkeit bei der Sache ist, sondern mit der Vorstellung und dem Gefühl, dass man als Geist, mit Hilfe der Seele und des grobstofflichen Körpers als Werkzeug, die Handlung vollbringt.".... Für magische Handlungen, Anrufungen, Rituale, Heilungen, die ja vorwiegend die astralen und mentalen Strukturen betreffen, ist dieser Bewusstseinszustand Voraussetzung, dass das Werk gelingt. Aber dazu muss man vorher erwachen. Achtsamkeit? Die zur Zeit populären Achtsamkeitspraktiken haben mit dem Wachsein, das Bardon meint und das Meyrink und ich in unseren Büchern und Geschichten von allen Seiten ausleuchten und beschreiben, nichts zu tun. Es geht nicht darum, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren oder auf das, was man tut, quasi voll bei der Sache zu sein. Es geht nicht darum, die Aufmerksamkeit zu steuern, es geht um die Vergegenwärtigung, dass man ist. Dass man ein Geistwesen ist. Ganz gleich, ob man einfach nur ist - und schaut – oder, mit einem physischen Körper bekleidet, in der physischen Welt bewusst tätig ist. Erkenne dich selbst? Irreführend ist auch die vielzitierte Aufforderung "Erkenne dich selbst." Es geht nicht um die Frage, wer man ist oder was man ist oder wie man ist. Keine Selbstanalyse, kein Seelenspiegel, keine Bewusstseinsanatomie wird verlangt. Es geht nicht um Selbsterkenntnis, sondern um die Selbstwahrnehmung. Um die Identifizierung mit dem, der gerade wahrnimmt, dass er ist. Wahrnehmen Wahrnehmen ist die wichtigste Fähigkeit des Geistes. Die Gnostisch Hermetische Tradition kennt fünf Elemente und fünf Sinne und Geistesglieder: Für das Feuer das Wollen. Für die Luft das Denken. Für das Wasser das Fühlen. Für die Erde das Bewusstsein. Für Akasha ist es das Wahrnehmen und die Selbstwahrnehmung. Man kann es als Auge symbolisieren. Das Auge Lokalisiert man Feuer im Kopf, Luft in der Brust, Wasser im Bauch und Erde in den Beinen, auf denen man steht, so erfüllt Akasha den ganzen Körper, samt dem Raum, der ihn umgibt, bis in die Unendlichkeit. Auch Akasha wird von Wesenszellen erfüllt. Es sind die Zellen, die es ermöglichen, dass man sich, ohne sich anzublicken, also ohne sich Gedanken über sich zu machen, wahrnehmen kann. Es sind die einzigen Bewusstseinsträger, die man nicht beherrschen muss, die man nicht lösen oder binden braucht, die nichts für sich wollen, sondern durch die man eben ist. Mit der Wahrnehmung, dass man ist, macht man sich von allen anderen Bewusstseinsträgern unabhängig. Man muss sich nur mit sich identifizieren. Das Mysterium vom Erwachen und dem erwachten ICHBIN zu beschreiben, ist schwierig und erscheint unmöglich. Meyrink hat, bevor er den erwachten Schauspieler Spiegel sein Lied von der Freude singen lässt, auf siebzehn Seiten versucht, ein Stimmungsbild der unterschiedlichen Scheintoten und Schläfer zu vermitteln, um die groteske Situation der scheinbar Wachen vor Augen zu führen. Zum Schluss fällt ihm dann auch nichts anderes ein, als zu empfehlen: stell dich hin, raff dich zusammen und hör in dir den Ruf der Erwachten: Ich bin! Mein Tipp dazu: Schau in die Welt, schau in ein Buch, schau auf dein Handy, schau vor dich hin - und erkenne: Ich bin es, der schaut und etwas erblickt. Klingt total einfach - ist es aber nicht. Seit Jahrtausenden versuchen Erwachte vergeblich, zu erklären, wie man es macht. Aber keinem ist es gelungen, den Weg zu beschreiben oder die Schläfer aufzuwecken. Meyrink erwähnt die eiskalten Tauchbäder der Juden, die Nachtwachen der Jünger Buddhas und der christlichen Asketen, die schmerzhaften Yogaübungen, um nicht einzuschlafen und die ich- raubenden Meditationen, um das hinderliche Denken auszuschalten, usw. Selbst die vernünftige Aufforderung der Freimaurer: "Erkenne dich selbst" hat zum nach-Denken verleitet und nicht zum da- Sein geführt. Schwarze Löcher Vielleicht wird ein Guru aus einer Gemeinschaft der neuen Gnostiker seine Schäfchen in ein Raumschiff verfrachten und mit Lichtgeschwindigkeit aus der Zeit in den ewigen Spiegel der immerwährenden Gegenwart katapultieren. Falls Einstein sich nicht verrechnet hat. Denn dann bestünde die Gefahr, dass weitere Esoteriker in den schwarzen Löchern der Träume und des Universums verschwinden. Quasi entsorgt werden zur Wiederaufbereitung brauchbarer Wesenszellen in einem anderen Äon. Mentale Stammzellen des Bewusstseins Ich vermute, dass ich einigen Träumern mit dem wiederholten Hinweis auf ihre Wesenszellen und dem ständigen Weckruf: Ich bin, ich bin auf den Nerv gehe. Aber die eingehende Beschreibung der Träger des Bewusstseins und des Mysteriums Ich BIN war notwendig, um das nächste Mysterium von dem sich ständig erneuernden "göttlichen" Bewusstsein zu verstehen. Der Gott der sich recyceln kann Wie die Göttliche Vorsehung, von Ewigkeit zu Ewigkeit, ihr Bewusstsein erhalten kann, wird das nächste Thema zu dieser Winter-Sonnenwende sein. Comments are closed.
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Dezember 2024
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